Wissenswertes aus 800 Jahren Geschichte von Lichtenwalde
Zeittafel Schloss und Park Lichtenwalde
Tausch der Güter Lichtenwalde und Pillnitz im Jahre 1694
Wasserversorgung im Barockgarten
Großer Schlossbrand Walpurgisnacht 1905
Wiedereinzug in das Schloss Lichtenwalde Mai 1908
Sage von Harras dem kühnen Springer
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Die Sage von Harras dem kühnen Springer
Ritter Harras saß im 15. Jahrhundert auf der Burg Lichtenwalde. Das gute Einvernehmen mit dem Besitzer der Schellenburg hatte eine Trübung erfahren und Feindschaft herrschte zwischen den Beiden. Eines Tages brachte ein Knappe dem Ritter Götz auf Schellenburg die Botschaft, dass sich Harras in wenigen Stunden nach der Flöhamündung begeben werde. Schnell war der Entschluss gefasst, den verhassten Gegner dort zu überwinden. Götz begab sich zur Flöha und verbarg sich mit seinen Leuten im Wald. Groß war deren Freude, als Harras arglos heran ritt. Schon brachen die feindlichen Reiter aus dem Wald hervor. Harras riss blitzschnell sein Ross herum und sprengte in den Wald hinein, während seine Knappen sich gegen die Feinde wendeten. Bald lagen sie tot oder verwundet am Boden und die Verfolgung wurde aufgenommen. Schon hörte Harras die Verfolger dicht hinter sich. Nirgends zeigte sich ein Ausweg. So blieb ihm keine andere Möglichkeit, als mit dem Rosse von der Spitze des Hausteines in die tief unten fließende Zschopau zu springen. Der kühne Sprung gelang. Ross und Reiter schwammen zum gegenüberliegenden Ufer. Bald war die schützende Burg erreicht.
Deutung
Zum Entstehen der Sage aus dem 15. Jh. gibt es folgende Deutungsmöglichkeit. Harras ist nicht auf den 37 m über der Zschopau liegenden Felssporn zugeritten sondern durch die rechts neben dem Felsen liegende, zur Zschopau abfallende tiefe, "Zigeunerlager" genannte Waldschlucht abgebogen und dann durch den Fluss geschwommen. Seine wegunkundigen Verfolger sind jedoch am Abzweig vorbei bis zur Felsenkante weiter geritten, von wo aus sie Harras wohlbehalten mit seinem Pferd aus dem Wasser steigen sahen. Die „Schnapphähne von Schellenberg“ (das spätere Augustusburg) wurden durch ihren Misserfolg „überzeugt“, dass Harras vom Felsen gesprungen sei und ihre Meinung als einzige Zeugen verbreitete sich im Volksmund. (nach Herbert Haase, Ortschronist, 1999).
Als möglicher Reiter kommt Ritter Dietrich von Harras in Frage. Er war von 1451 bis 1499 Lehnsherr auf der Burg Lichtenwalde und stand im Dienst des Herzogs Albrecht von Sachsen. 1486 wird er als dessen Untermarschall genannt. Kaiser Maximilian I. ernennt 1488 Dietrich von Harras zu seinem persönlichen Rat und Diener. Harras kehrte 1498 schwer krank von einem Feldzug aus den Niederlanden zurück und starb 1499. Das Grabmal des Dietrich von Harras befindet sich in der Stiftskirche Chemnitz-Ebersdorf (4km von Lichtenwalde entfernt), geschaffen von dem Bildhauer H.W. (Hans Witten). Die starke Persönlichkeit und Tapferkeit des Ritters waren sicherlich ein Anlass zum Entstehen der Sage.
Theodor Körner und die Harrassage
Um 1800 ließ der Schlossherr Friedrich Vitzthum von Eckstädt auf der Wiese gegenüber vom Harrasfelsen nahe der alten Harraseiche ein Denkstein zur Erinnerung an den sagenhaften Sprung aufstellen.. Auf einer Exkursion zum Altenhainer Steinbuch lernte der Student Theodor Körner die Sage kennen. Davon inspiriert schuf er 1810 eine der damals wohl populärsten deutschen Balladen, "Harras der kühne Springer“ zu deren Verbreitung die Veröffentlichung in Schulbüchern beitrug.
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Das Zugunglück am Harrasfelsen
Am 14. Dezember 1913 tobte ein schweres Gewitter. Es führte gegen 22.00 Uhr zu einem Felsrutsch am Haustein, der einen Tunnelausgang verschüttete. Wenig später fuhr ein Personenzug aus Frankenberg kommend mit zwei Lokomotiven in den Tunnel ein. Erst 5 bis 6 m vor Tunnelende bemerkte der Führer der Vorspannlok das Hindernis und leitete eine Schnellbremsung ein, konnte aber ein Auffahren auf die Felstrümmer nicht verhindern.
Aus Richtung Chemnitz und Frankenberg kamen angeforderte Hilfszüge mit Werkstatt- und Arztwagen. Die Bergung der Verletzten und Toten gestaltete sich in dem engen Tunnel überaus kompliziert. Erschwerend kam hinzu, dass ausstömendes Gas den Aufenthalt fast unerträglich gestaltete und die Gefahr einer Explosion bestand.
Einige Fakten zum Unglück:
Das Unglück gehört noch heute zu den zehn schwersten Eisenbahnkatastrophen Sachsens
Ca. 100 Kubikmeter Felsmassen waren abgestürzt.
Die erste Lok kam erst mehrere Meter über den Gleisen auf dem Gestein zum stehen.
Von 18 (?) Wagen wurden 12 beschädigt (7 sogar fast vollständig zertrümmert), ebenso beide Lokomotiven.
Es starben 10 Personen (4 waren sofort tot, 6 erlagen ihren Verletzungen später), 11 weitere Personen waren schwer und 42 Personen leicht verletzt.
Eine Zeitung bezifferte den Sachschaden auf 26.600 M.
Die reparierte Vorspannlok verrichtete bis 1933 Dienst.
An Entschädigungen zahlte der Staat rund 46.000 M.
Der Rechtsstreit
Einer der Verletzten klagte gegen die Sächsischen Staatsbahnen, die den Unfall als eine Folge höherer Gewalt betrachteten und eine Haftung ablehnten, durch alle Instanzen bis zum Reichsgericht. Das Oberlandesgericht Dresden als letzte Instanz bestätigte die Haftpflicht der Bahn wegen der Betriebsgefahr, auch wenn der Bahn in diesem Fall kein schuldhaftes Handeln anzulasten war.
Im Dezember1920 kam es zum Vergleich: gegen eine Abfindung von 35.000 M und Begleichung aller Prozesskosten aus der Staatskasse verzichtete der Kläger auf weitere Ansprüche.
Ursache des Felssturzes
Die Katastrophe hatte ein Felsschliff herbeigeführt. Überm Südportal des Tunnels zog sich im Hornblendenschiefer eine steil nach Süden geneigte Kluftfläche hin. Die vielen Wassermassen jenes Abends vollendeten das Werk von Frost und Regen der Jahre zuvor. Die zerrissenen Gesteinsteile im Kluftraum wurden zu einem schlüpfrigen Brei, der auflastende Fels setzte sich auf dieser Gleitfläche in Bewegung und stürzte ab.
Kontroversen nach dem Eisenbahnunglück
Heftige Kontroversen nach dem Eisenbahnunglück, hervorgerufen durch Überlegungen den Harrasfelsen abzutragen:
Dazu schreibt “Chemnitzer Volksstimme” am 23.12.1913 die Staatsbahn wolle die Sicherheit der Reisenden nicht für einen 80 m langen überflüssigen Tunnel aufs Spiel setzen, was zu einer Welle der Empörung führte. Nicht nur Naturfreunde aus Sachsen setzten sich für den Erhalt des Harrasfelsens ein. Der Tunnel blieb unter Druck der Öffentlichkeit erhalten. Er wurde ausgemauert sowie zwei neue Portale errichtet.
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